
Market Weekly - Frankreich: Märkte kurzfristig beruhigt
Frankreich: politische Beruhigung, aber angespannte Haushaltslage
Nach mehreren Phasen politischer Unsicherheit scheint sich die Lage in Paris mit der Rückkehr von Premierminister Sébastien Lecornu nach Matignon stabilisiert zu haben. Diese Kontinuität an der Spitze der Exekutive hat die Märkte kurzfristig beruhigt. In wirtschaftlicher Hinsicht sieht sich Frankreich jedoch weiterhin mit erheblichen strukturellen Schwächen konfrontiert, die durch die jüngsten Herabstufungen der Kreditwürdigkeit des Landes durch Ratingagenturen wie Fitch Ratings (von AA auf AA–) und Standard & Poor’s (von AA– auf A+) deutlich geworden sind.
Die Schuldenfalle
Die Staatsverschuldung Frankreichs beläuft sich derzeit auf etwa 120% des BIP, was im europäischen Durchschnitt ein hoher Wert ist. Sie wird zu gleichen Teilen von inländischen und ausländischen Investoren gehalten, wodurch das Land besonders empfindlich auf internationale Finanzierungsbedingungen reagiert. Der Schuldendienst, d. h. die jährlich zu zahlenden Zinsen, macht bereits fast 2,5% des BIP aus und könnte auf 3% übersteigen, wenn die in den letzten Jahren aufgenommenen Darlehen fällig werden.

In wirtschaftlicher Hinsicht sieht sich Frankreich jedoch weiterhin mit erheblichen strukturellen Schwächen konfrontiert.
Nach aktuellen Prognosen könnte der Finanzierungsbedarf des Staates im Jahr 2025 bei rund 330 Milliarden Euro liegen, was einem Anstieg der Gesamtverschuldung um etwa 10% gegenüber Ende 2024 entspricht. Dieser Anstieg spiegelt sowohl die anhaltend hohen Haushaltsdefizite als auch die gestiegenen Refinanzierungskosten aufgrund des Anstiegs der französischen Anleihezinsen an den Märkten wider. Dies ist eine direkte Folge der Herabstufung der Bonität des Landes. Die langfristigen Zinssätze (10-jährige OAT) liegen nun über dem nominalen BIP-Wachstum Frankreichs, eine Konstellation, die der Ökonom John Keynes als «Schuldenfalle» bezeichnete: Wenn die Zinsen dauerhaft über dem Wachstumstempo liegen, steigen die Schulden tendenziell automatisch schneller als die Einnahmen des Landes. In diesem Zusammenhang führt jeder Zinsanstieg zu einer raschen Erhöhung der Zinslast.
Frankreich unter Beobachtung
Da ein erheblicher Teil der französischen Schulden von ausländischen Investoren gehalten wird, könnte ein Vertrauensverlust an den Anleihemärkten zu einem weiteren Anstieg der Finanzierungskosten führen, was sich unweigerlich auf das Wachstum und den Lebensstandard auswirken würde.
Derzeit steht Frankreich weiterhin unter strenger Beobachtung der Investoren. Auch wenn die politische Beruhigung eine vorübergehende Atempause verschafft, wird die Grenze zwischen Haushaltsdisziplin und struktureller Anfälligkeit immer dünner, während sich die Schuldendynamik weiter verschärft.
Von Clara Cialini