22 September 2025
Anlagen

Market Weekly - Wird die Fed ihre Unabhängigkeit bewahren?

Marco Venetz Von Marco Venetz
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Wird die Unabhängigkeit der Fed nach Powells Rücktritt fortbestehen?

Seit mehreren Monaten steht die Fed im Spannungsfeld zweier Herausforderungen: Sie muss den Übergang zu einer weniger restriktiven Geldpolitik bewältigen und gleichzeitig ihr Image der Neutralität gegenüber politischem Druck bewahren. Die Amtszeit von Jerome Powell als Präsident endet im Mai 2026, doch die bereits erkennbaren Anzeichen einer Veränderung zeichnen das Bild einer stärker politisierten Geldpolitik. 

Seit seiner Ernennung im Jahr 2018 hat sich Powell für die Unabhängigkeit der Fed eingesetzt und wiederholt betont, dass jede Zinsentscheidung auf Wirtschaftsdaten und nicht auf der Stimmung in Washington basiert. Der rechtliche Rahmen der Fed lässt dem US-Präsidenten wenig Spielraum, Powell wegen geldpolitischer Meinungsverschiedenheiten zu entlassen. Trotzdem kritisiert Donald Trump ihn öffentlich für seine «Langsamkeit» bei der Senkung der Zinsen. 
 

Eine abweichende Stimme

Der Einstand von Stephen Miran, der im September 2025 ganz knapp als Gouverneur bestätigt wurde, unterstreicht diese Verschiebung. Miran, ehemaliger Wirtschaftsberater von Trump, sorgte bei seiner ersten Abstimmung im FOMC für Aufsehen: Er war der Einzige, der sich für eine Zinssenkung um 50 Basispunkte aussprach, während die Mehrheit für eine moderatere Senkung um 25 Basispunkte war. Diese abweichende Stimme spiegelt seine Verbundenheit mit den Zielen der Trump-Regierung wider, die niedrigere Zinsen zur Ankurbelung des Wachstums wünscht. 

Diese symbolische Geste schürt die Befürchtungen, dass die Fed für politische Zwischenrufe empfänglicher geworden ist.

Berater Vermögensverwaltung, Brig, WKB

Diese symbolische Geste schürt die Befürchtungen, dass die Fed für politische Zwischenrufe empfänglicher geworden ist. Kurz vor Ende seiner Amtszeit als Präsident scheint Powell eine Fed hinterlassen zu wollen, die ihren Prinzipien treu bleibt: Transparenz bei Prognosen, Einhaltung des Preisstabilitätsziels, Vorsicht bei Zinssenkungen. Die Bestätigung von Miran deutet jedoch darauf hin, dass Trump den Weg für einen Nachfolger oder eine Mehrheit von Gouverneuren ebnen will, die einer auf kurzfristiges Wachstum ausgerichteten Geldpolitik aufgeschlossener gegenüberstehen. Die Herausforderung wird darin bestehen, die geldpolitische Glaubwürdigkeit aufrechtzuerhalten. Es bleibt abzuwarten, ob die Märkte und Investoren weiterhin an die Unabhängigkeit der Fed glauben werden oder sich an eine stärker politisierte Zentralbank gewöhnen werden müssen.