«Wir eröffnen nicht jeden Tag einen solchen Saal»
Es ist das Ende einer 40-jährigen Wartezeit. 40 Jahre sind eine lange Zeit! Entsprechend gross waren der Stress, die Aufregung, Ungeduld, Erleichterung und der Stolz bei Jean-Pierre Pralong. Eine verständliche Mischung aus Emotionen für den kaufmännischen und administrativen Leiter des Saals NODA BCVS in Sitten. Der im neuen Quartier «Cour de Gare» gelegene Saal empfing seine ersten Besucher. Zunächst das Walliser Wirtschaftstreffen 2025 (REV) am Donnerstag, den 21. August (siehe Infokästchen), dann die erste symphonische Produktion am Dienstag, den 26. August mit dem «Orchestre de la Suisse romande». Zwei Eröffnungsveranstaltungen, die für einen vollen Saal sorgten. «Wir sind endlich in die operative und betriebliche Phase eingetreten. Diese Anlässe veranschaulichen perfekt, was unser Saal ist, nämlich eine Infrastruktur für Konzerte und Kongresse», erklärt Jean-Pierre Pralong.
Man kann also sagen, dass der Terminkalender des Co-Direktors - Giada Marsadri ist für den künstlerischen Teil zuständig - in den letzten Tagen randvoll war. Dennoch nahm er sich ein paar Minuten Zeit, um von dem Abenteuer NODA BCVS, dem Platz, den er einnehmen wird, und der Rolle, die er für Sitten und das Wallis spielen wird, zu erzählen.
Jean-Pierre Pralong, Sie wurden Anfang 2024 zum Direktor eines im Bau befindlichen Saals ernannt. Diese anderthalb Jahre müssen sehr intensiv gewesen sein!
Es war ein unglaubliches Abenteuer. Wir eröffnen nicht jeden Tag einen Saal dieser Art in einem neuen Quartier im Stadtzentrum. Das gibt es nur einmal in einer beruflichen Karriere und nur einmal in Sitten innerhalb einer Generation. Wir haben eine ganze Reihe von Phasen durchlaufen. Da gab es die Inbetriebnahme und die Inneneinrichtung, Bereiche, in denen wir lange gearbeitet haben. Dann gab es eine Phase, in der wir unsere Struktur aufbauen und Personal einstellen mussten. Nun funktionieren wir wie ein Unternehmen, um die betriebliche Phase zu bewältigen.

Unsere größte Herausforderung? Die Infrastruktur so flexibel wie möglich zu gestalten und dabei die Dinge zu Ende zu denken, ohne schlechte Kompromisse einzugehen.
Was war die grösste Herausforderung, die es zu bewältigen galt?
Die Infrastruktur so flexibel wie möglich zu gestalten und dabei die Dinge zu Ende zu denken, ohne schlechte Kompromisse einzugehen. Es war ein Wunsch der Stadt Sitten, dass NODA BCVS ein Saal für Konzerte und Kongresse wird. Also haben wir zwei Säle im selben Raum untergebracht. Wir haben an allen Räumen gearbeitet, damit sie umkehrbar, modulierbar und funktional sind. Die Logen können beispielsweise eine Konferenz am Tag darauf beherbergen, versehen mit einer neuen Dekoration und einem neuen Einrichtungsstil.
Wie verkauft man als kaufmännischer Leiter eine Struktur, die es gar nicht gibt?
Wir haben sehr viele Besichtigungen - mehr als hundert - mit allen Arten von Menschen gemacht, obwohl es nur einen Betonwürfel zu sehen gab, der gerade eingerichtet wurde. In gewisser Weise haben wir ihnen einen Traum verkauft und dabei die Erwartung und den Wunsch geweckt, wiederzukommen. Bei der Einweihung von «Cour de Gare» Ende Mai 2025 konnten sich zum ersten Mal Leute in den Saal setzen. Es herrschte eine grosse Stille, doch sie fühlten sich wohl. In den Gesprächen fiel oft das Wort «Ausgeglichenheit». Ich finde das sehr interessant. Die Besichtigungen waren sehr hilfreich für uns.
Vor der Eröffnung von NODA BCVS wurde über die Architektur und die Qualität der Akustik gesprochen. Doch liegt sein grösster Vorteil nicht in seinem Standort?
Es handelt sich um eine sehr kompakte und zentrierte Infrastruktur. Was finden wir dort? Ein Hotel, eine Tiefgarage und einen öffentlichen Platz. Manchen Kunden sage ich sogar, dass sich NODA BCVS im Bahnhof von Sitten befindet. Es ist ein Ökosystem mit Geschäften rundherum. Unser Saal hat seinen Platz an einem Standort gefunden, der sich weiterentwickelt hat - Campus Energypolis, Cour de Gare – und sich weiterentwickeln wird - Bahnhofsplatz, Fussgängerbrücke über die SBB-Gleise, Seilbahn, neues Gebäude für den Campus. Seit zehn Jahren belaufen sich die Gesamtinvestitionen auf rund eine Milliarde Franken. Zählt man das Projekt «Ronquoz 21» dazu, wird man in der Schweiz nicht viele so ehrgeizige Entwicklungspläne für eine Stadt von der Grösse Sittens finden.
NODA BCVS füllt eine Lücke in der kulturellen Infrastruktur des Wallis.
Das REV 25 befasste sich mit dem Thema Kultur- und Sportinfrastrukturen im Wallis. Füllt NODA WKB eine Lücke?
Ja, ganz klar. NODA BCVS ist kein Duplikat. Wir sind weder ein weiteres Theater noch eine weitere Mehrzweckhalle. In Sitten und im Wallis gab es weder einen Saal für Musikkonzerte noch einen speziellen Ort für Kongresse.
Wen wollen Sie in den Saal locken?
Für den Konzertteil werden wir lokale Akteure und internationale Orchester empfangen. Sitten erscheint nun auf der Karte der europäischen Tourneen solcher Ensembles. Für den Kongressteil gilt das gleiche Prinzip. Wir haben zwar nicht die Kapazitäten von Palexpo, Beaulieu oder KKL, aber wir werden Walliser, Schweizer und dank des Campus Energypolis sogar internationale Veranstaltungen ausrichten. Unabhängig vom Inhalt der Begegnungen - Wissenschaft, Medizin, Energie, Wirtschaft - möchten wir verschiedene Welten mit der Kultur in einen Dialog bringen und Brücken bauen, wo immer es sinnvoll ist. Am Dienstag können wir ein Symphoniekonzert, am Donnerstag die Versammlung eines Serviceclubs und am Samstagmorgen eine Aktivität für Kinder auf das Programm setzen. Wir freuen uns darauf, all diese Formate zu testen. Letztendlich ist es ein Ort, um sich zu unterhalten, zu arbeiten und Menschen zu treffen. Es ist ein Ort des Lebens.
Der Stadtpräsident von Sitten will NODA BCVS zu einem kulturellen und wirtschaftlichen Katalysator machen. Das ist ambitioniert. Zu ambitioniert?
Es ist eine echte Herausforderung. Sitten wird bald die 40'000-Einwohner-Marke erreichen. Das Wallis ist der Schweizer Kanton mit dem stärksten Bevölkerungswachstum des Landes, Genf und Zürich eingeschlossen. Die Menschen kommen ins Wallis, um hier zu arbeiten und zu leben. «Cour de Gare» bietet 300 Wohnungen, die alle belegt sind. Wenn man ehrgeizige Ziele hat, muss die Infrastruktur mithalten können. Und NODA BCVS ist kein überdimensionierter Saal. Die Investitionen belaufen sich auf 28 Millionen Franken, sein Betriebsbudget auf rund 4 Millionen. NODA BCVS hat eine Kapazität von 600 Plätzen und beschäftigt zehn Personen. Im Vergleich zu anderen Kulturstätten steht das in keinem Verhältnis. Das Opernhaus in Zürich verfügt über ein Budget von 240 Millionen Franken. Das KKL in Luzern hat 2000 Plätze. Auf einem ganz anderen Niveau bewegen sich die Investitionen für den Bau der Hamburger Philharmonie ... von über 800 Millionen.
Keine Infrastruktur dieser Art könnte von ihrer eigenen Finanzierung leben. Sie muss von der öffentlichen Hand unterstützt werden.
Haben Sie sich eine Frist gesetzt, um den Erfolg von NODA BCVS zu definieren?
In einer erste Phase geben wir uns drei Jahre Zeit. Die Saison Null, wie sie intern genannt wird, ist die Saison aller Tests und Premieren. Wir haben drei Jahre Zeit, um mit allen Formaten zu experimentieren. Wir haben eine Vereinbarung mit der Stadt Sitten unterzeichnet, in der eine ganze Reihe von Indikatoren aufgelistet ist, wie die Anzahl der Zuschauer, die Anzahl der kulturellen Programme und die Anzahl der Veranstaltungen, die wir beherbergen. So kann man den Erfolg quantitativ messen. Ebenso wichtig ist, dass das Feedback von Nutzern und Zuschauern unseren qualitativen Erfolg definieren wird. Unsere Agenda ist offen für 2028, 2029 und sogar 2030. Die Herausforderung besteht darin, den Mitnahme- und Neuheitseffekt der ersten Jahre des Aufschwungs zu überwinden.
Kann ein solcher Raum jemals rentabel sein?
Niemals. Keine Infrastruktur dieser Art könnte von ihrer eigenen Finanzierung leben. Sie muss von der öffentlichen Hand unterstützt werden. Ob NODA BCVS, ein Schwimmbad, eine Eisbahn oder ein Festival, schematisch gesehen teilt sich die Finanzierung in drei Teile: öffentlich, privat und eigene Einnahmen (Ticketverkauf, Bar ...). Heute ist der kommunale Teil der wichtigste, weil wir noch keine direkten Einkünfte haben.
Was ist Ihr finanzielles Ziel?
Das Ziel ist natürlich, unsere Selbstfinanzierungsmarge zu vergrössern, indem wir unsere eigenen Einnahmen und den privaten Teil Jahr für Jahr steigern. Meine Aufgabe ist es, bei Sponsoren und Stiftungen nach Finanzierungen und Unterstützung zu suchen. Ein voller Saal reicht nicht aus, um einen Gewinn zu erwirtschaften. Die Kosten sind hoch, sei es, um die Künstler zu bezahlen, unser Personal zu entlöhnen oder die Hypothekarschulden des Gebäudes zu tilgen. Wir möchten, dass das Betriebsbudget in zehn Jahren idealerweise zu 50 % durch eigene Einnahmen gedeckt wird.
Das ist sehr wichtig, hat die WKB eine Partnerschaft über zehn Jahre unterzeichnet. Dies bedeutet, dass sich sie bereit erklärt, ihr Image über einen längeren Zeitraum mit dem unseren zu verbinden.
Die Walliser Kantonalbank ist Titelsponsorin von NODA BCVS. Das ist eine ziemlich innovative Werbepraxis im Wallis.
Ich finde es sehr bemerkenswert, dass die WKB eine solche Partnerschaft eingeht. Die Bank hat uns einerseits beim Bau des Saals unterstützt und andererseits, und das ist sehr wichtig, hat sie eine Partnerschaft über zehn Jahre unterzeichnet. Dies bedeutet, dass sich die WKB bereit erklärt, ihr Image über einen längeren Zeitraum mit dem unseren zu verbinden. Beide Partner gehen ein Risiko ein. In Sachen Marketing geniesst die Bank eine hohe Sichtbarkeit. Um Projekte dieser Grössenordnung abzuschliessen, müssen verschiedene Finanzierungsarten miteinander kombiniert werden. Auf die öffentlich-private Partnerschaft zu setzen, ist eine Selbstverständlichkeit.
Könnte die Verbindung einer Bank mit einer kulturellen Infrastruktur nicht negativ wahrgenommen werden?
Ich möchte betonen, dass NODA BCVS unabhängig ist. Das Team wird nicht von der Bank gesteuert (lacht). Entweder aus Unkenntnis oder aus Neid könnte die Partnerschaft in bestimmten Kreisen auf wenig Gegenliebe stossen. Ich glaube im Gegenteil, dass sie es ermöglicht, das Interesse und die Attraktivität des Ortes zu steigern und ihn lebendiger zu machen. Manche Menschen sind vielleicht zu dogmatisch, um das zu erkennen. Dies wird auch in anderen Bereichen praktiziert, wie etwa im Sport- und Eventbereich. Paléo arbeitet zum Beispiel mit grossen Sponsoren zusammen. Die Kultur holt den Rückstand auf, den sie im Vergleich zu anderen Bereichen hat. Gleichzeitig, ich wiederhole es, ist NODA BCVS nicht nur eine kulturelle Infrastruktur. Wir werden ein ausgewogenes Verhältnis an Aktivitäten zwischen Konzerten und Kongressen haben. Da diese nicht immer für die Öffentlichkeit zugänglich sind, werden sie weniger sichtbar sein.
Das REV – NODA BCVS’ erste Veranstaltung
Das Walliser Wirtschaftstreffen (REV) hatte das Glück und die Ehre, den Saal NODA BCVS in Sitten am vergangenen 21. August einzuweihen. Die neunte Ausgabe des REV brachte rund 500 Entscheidungsträger und Unternehmensleiter aus dem Kanton in diesem architektonischen und technologischen Schmuckstück zusammen. Dass das REV 25 in diesem Konzert- und Kongresssaal stattfinden wird, war naheliegend. Gab es einen besseren Ort, um die Kompetenzen und das Know-how der Walliser Unternehmer zur Schau zu stellen? Namhafte Gäste nahmen an zwei Podiumsdiskussionen teil, die von den kulturellen und sportlichen Infrastrukturen des Wallis und deren Finanzierung handelten.
Das REV, welches 2017 von der Walliser Kantonalbank (WKB) und der Groupe Mutuel ins Leben gerufen wurde, wird in Zusammenarbeit mit mehreren Partnern organisiert, nämlich mit dem Walliser Handwerkerverband, dem Westschweizer Unternehmensverband Wallis (FER Valais), dem Walliser Gewerbeverband (WGV) und dem Walliser Baumeisterverband (WBV). Jedes Jahr bringt das REV die Welt der Wirtschaft und Politik zusammen, um in geselliger Atmosphäre ein Netzwerk aufzubauen, sich auszutauschen, Kontakte zu knüpfen und, warum nicht, berufliche Möglichkeiten auszubauen.